Kommentar zu
Hardt/Negri: Common Wealth – Das Ende des Eigentums, Frankfurt 2010
Sozialenzyklika für die ganz linke Gemeinde
Eigentum gehört zum Kapitalismus, das
weiß jeder. Die (sub)titelgebende Bezeichnung Eigentum, deren Ende
hier herbeigewünscht wird, steht zwar für diesen Zusammenschluß,
aber mehr noch für das negative Urteil, das man dazu einzunehmen
habe. W a s dieses Eigentum ist, wollen die Autoren nicht so genau
wissen, ihnen genügt, dass es das Private und Ausschließende an
Verfügung sei, eben das Gegenteil des heraufdämmernden wahren
Gemeinwesen, des "Common Wealth". Dass das Eigentum eben
eine üble Angelegenheit sei, die keiner wollen kann. Dass und wie
die Menschen im Eigentum ihre subjektiven Willen zwar beschrän(kt
erfahr)en, aber doch auch bekräftigen, das wollen sie überhaupt
nicht zur Kenntnis nehmen. Eine Notwendigkeit des Eigentums für die
kapitalistische Verwertung muß da auch nicht mehr erwiesen werden.
Es interessiert nicht weiter, w a r u m dieses Unding Eigentum bis
heute existieren konnte oder gar muß(te), und zugleich reelles
Gemeinwesen wie Herzensangelegenheit aller bürgerlichen Subjekte
darstellt.
An Stelle einer Erklärung des Eigentums
einschließlich seiner Gründe wird mit dem "Common Wealth"
nur ein Traumbild revolutionärer Subjektivität beschworen, die das
Eigentum nicht wirklich überwinden, sondern es einfach obsolet
machen soll. Jede menschliche Lebensäußerung, die noch nicht
(vollständig und endgültig) oder (etwa aus gutem Grund) nicht mehr
in die Verwertung von Wert eingemeindet ist, wird hoffnungsfroh zum
Jenseits des Eigentums hochstilisiert. Selbst wenn Widerständigkeit
gegen das Eigentum an diesen Lebensäußerungen gerade nicht zu
finden sind, sie gar Arrangements mit dem Eigentum sein wollen,
werden sie als jenseitig des Eigentums befunden. Dass die
kapitalistische Geschäftsidee Sphären außerhalb seiner selbst
schon immer parasitär zu nutzen weiß, und so auch mit der Allmende
oder den Commons ganz gut leben kann, sie sogar braucht, wissen sie
zwar. Dass etwa Wissen allgemein sein kann und dennoch ein Hebel der
Verwertung, ist ihnen am Patent durchaus geläufig. Das alles ist
ihnen aber ganz kindisch gleichgültig.
Und so wird einfach nur
fröhlicher Optimismus und gute Hoffnung verbreitet, angesichts der
unangefochtenen Nutzung der Welt durch und für den Heißhunger nach
Mehrarbeit.
Es stellt sich also Ärger ein bei diesem Werk.
Eher nicht wegen der Gewißheit, dass Armut nicht sein müßte, oder
wegen des schönen Wunschgedankens der Autoren bzgl. eines "Ende
des Eigentums", zu dem sie mit ihrem Werk beizutragen denken.
Ärgerlich ist die gnadenlose Ignoranz gegenüber der Realität des
kapitalistischen Wirtschaftens und dem tatsächlichen Stellenwert des
Eigentums dabei: Die positive, wenn auch abstrakte Einbindung der
Subjekte in den Stoffwechsel des Kapitals.
Mit "Commonwealth"
w i l l also zwar sowieso keine erklärende Kritik des Eigentums
formuliert, und allemal nicht a n i h m argumentativ aufgezeigt sein.
Aber auch die so befeuerte Hoffnung auf eine Praxis seiner
Überwindung k a n n gar nicht gut begründet dargelegt sein. Auch
dafür wäre zunächst eine klare Vorstellung vom so verachteten
Sachverhalt Eigentum erforderlich.
Dieses
Nichts-genaues-wissen-wollen geht dann nicht ohne eine
selbstgefällige Mystik vonstatten, mit der die Autoren das "Ende
des Eigentums" herbeiorakeln. Genüsslich wird ein changierendes
Vokabulatur in Anschlag gebracht und zugleich kein Geisteserbe
ausgeschlagen, um Ehrfurcht und Andacht gegenüber dem Gedachten zu
erzeugen - was selbstverständlich auch für den Leser gegenüber
sich selbst gelten darf, wenn es ihm gelingt, diese Vagheiten bei
sich nachzuempfinden.
Hier wird also nicht nur kein Begriff
eines Sachverhalts geboten, sondern nurmehr eine alternative
Gesinnung gepflegt und befördert, der die gesellschaftliche
Wirklichkeit eben herzlich egal sein kann und soll.