(kommentar zu Hans Joas, Die Sakralität der Person, Berlin 2011, veröffentlicht bei Amazon, 8.1.2012)

Bekenntnis zum Kult der Rechtsperson, keine Erklärung, warum Menschen sie brauchen.

Joas nimmt nüchtern zur Kenntnis, dass die Menschenrechte etwas religiöses an sich haben, etwas unumstößlichen, nicht zu hinterfragendes, nicht von dieser Welt, ideelle Werte eben. Mißtrauische Seelen mögen sich sogleich fragen: Was ist wohl die Realität dieses Himmels, welche so eine Überhöhung als Wert beansprucht?

Auch Joas will sich von der offensichtlichen "Offenbarung" (164) dieser Werte nicht beeindrucken lassen. Er will in seiner "Genealogie" eine Erklärung dafür leisten. Zu einer Begründung der "Sakralität der Person" widmet er sich allerdings nicht der banalen Realität wie Subjektivität des Person-Seins. Aber auch weder in der Geistes-Vor-Geschichte für dieses "Faktum der Idealbildung" (155) noch in den Taten der modernen Gesellschaft findet er eine Notwendigkeit zu ihm. All seine Nacherzählung der Herausbildung dieses Ideals besteht ausdrücklich auf seiner historischen wie wunderbaren Zufälligkeit. Und warum es ausgerechnet die Person ist, die da Heiligung erfährt, ist ihm nicht einmal eine Frage wert.

Der Unterschied zwischen den menschlichen Bedürfnissen und den (lediglich) Rechten (dazu) ist Joas dabei nur zu klar: Nicht nur ist die - die Sklaverei überwindende - Anerkennung als Person kein Garant für ein gutes Leben. Auch die moderne Strafe peinigt und mißachtet - wie die mittelalterliche und absolutistische - den Menschen, gerade wenn in aller Förmlichkeit die Person an ihm dennoch Respekt und Würdigung erfährt. Er weiß also, dass für die moderne Sakralisierung gar nicht der Mensch insgesamt, sondern nur die Abstraktion von ihm, die egalitäre Person (am Menschen) taugt und vorgesehen ist. Dieser Differenz von Person und Mensch will er aber nicht nachgehen. Schon die Eigenschaften dieser Person, die da Heiligsprechung erfährt, will er weder genau wissen, noch erklären, warum sie getrennt vom Menschen Dasein hat und etwa haben muß (das wäre eher hier zu finden: H.Haslbauer: Eigentum und Person - Begriff, Notwendigkeit und Folgen bürgerlicher Subjektivierung. Münster 2010. Eigentum und Person: Begriff, Notwendigkeit und Folgen bürgerlicher Subjektivierung).

Joas will mit seiner reflektierenden Besprechung der Sakralisierung der Person weder den Gegenstand zur Diskussion stellen, der da seine Idealisierung erfährt und offensichtlich braucht, noch vielleicht eine Relativierung dieses Wertungsaktes selbst riskieren. Er schätzt gerade in dieser "Sakralisierung der Person" die Differenz von Person und Mensch - zu Recht - als obsolet, und bekräftigt deshalb lieber den Wert in seiner Universalität wie Absolutheit: "affirmative Genealogie". So findet Joas seinen Geistesfrieden doch in der Heiligkeit der Person, die er in "soziologischem Realismus" vorfindet, will also bei aller erklärenden Reflexion nicht über ein Glaubensbekenntnis dazu hinauskommen.