HH 22.3.2011

(Kommentar bei Amazon zu Kilian Steins Buch "Die juristische Weltanschauung")

Stellungnahmen zum Recht sind von linker Provenienz selten. Gerne wird sogar die Rechtlichkeit linker Anliegen beschworen, wie sehr sie gerade Erfüllung dessen sein sollten oder könnten, was in Recht und Gesetz schon vorgesehen ist. Das sieht Stein nicht (ganz) so. Er beklagt das Recht als falsche Weltanschauung, also als Sichtweise auf die Gesellschaft, die ihren wahren Inhalte verzerrt. Das ist eine Kritik des Rechts. Aber eine falsche.

Eigentum
Dass ein zentraler Inhalt des Rechts das Eigentum darstellt, wird von Stein hervorgehoben, auch macht er kenntlich, dass Eigentum doch nicht das schlichte Haben von Gegenständen darstellt. Stein befindet allerdings, dass Eigentum keine eigene Art des Verfügens darstellt, sondern nichts anderes ist als der materielle Besitz – zumindest was das Verhältnis zwischen Eigentümer und Sache betrifft.
Stein weiß allerdings - wie jeder in unserer Gesellschaft, und erst recht ein Jurist - um die Nichtidentität von Eigentum und Besitz. Weil er keinen Unterschied zwischen Eigentum und Besitz in der Qualität des Verfügens feststellt, entdeckt er die Besonderheit des Eigentums in etwas anderem als im Verfügen selbst.
Die Qualifizierung des Besitzes zum Eigentum besteht für ihn so in der gesellschaftlichen Anerkennung des Besitzes. Somit findet nach Stein dann keineswegs Anerkennung „von“ Eigentum statt, sondern höchstens die Anerkennung von Besitz („als“ Eigentum). Eigentum in seiner Besonderheit hat so für Stein nichts mit dem Willen des Eigentümers selbst zu tun, sondern fällt ganz in den Willen der anerkennenden Menschen, also der Nichteigentümer.

Gegenthese:
Eigentum ist für sich eine besondere, nämlich eine abstrakte, unbedingte Form von Verfügen, ein besonderer Willensakt, gleichgültig gegen die Qualitäten des Subjekts wie des Objekts dabei. Und unterscheidet sich darin von materiellem Verfügen, Besitzen, Hüten... Vielmehr wird dem materiellen Besitz durch das Eigentum seine nachrangige, nur gewährte Rolle zugewiesen. Damit ist Anerkennung, wenn sie denn stattfindet, Anerkennung doch von Eigentum, des besonderen Verfügungsverhältnisses, das der Eigentümer für sich und selbstbewußt zum Gegenstand einnimmt.


Der Grund des Eigentums
„Die Warenbesitzer produzieren und reproduzieren in der Masse der Vertragsbeziehungen ... das Privateigentum als das rechtliche Element“ (21).
Nachdem für Stein Eigentum (von der Seite des Verfügens dasselbe wie Besitz und) nur die Anerkennung von Besitz darstellt, findet er den Grund dafür in d e r gesellschaftlichen Tat, wo Besitzer einander als Besitzer respektieren, in der Zirkulation der Ware: Austausch findet da in der Tat nur statt unter Anerkennung des Besitzes durch den Nicht-Besitzer.
Die kapitalistische Verwertung ist damit gerade nicht als Grund für das Eigentum ermittelt, sondern als solcher höchstens behauptet.

Gegenthese:
Ware und Tausch mögen gut sein für den Akt der Anerkennung von irgendeiner Verfügung, den besonderen Inhalt von Eigentum, abstraktes Verfügen (s.o.), machen sie nicht notwendig. Der Grund für das abstrakte Verfügungsverhältnis Eigentum ist nicht das schlichte Tauschen von irgendetwas, sondern der Verleih (gegen Geld). Im Verleih trennt sich die materielle von rein willentlicher, eben abstrakter Verfügung. Diese Verleihverhältnisse von Geld, Natur und Mensch - bekannt nach Marx als die bürgerlichen Einkommensquellen in der Folge der Verwertung von Wert -, verwirklichen also nichts als diese Ausbeutungsverhältnisse. Und erst die Tat des Unternehmers stellt mit der produktiven Zusammenführung dieser angeliehenen Gegenstände dann alle Produkte als Waren notwendig ebenfalls in Eigentumsverhältnisse.


Die Ware Arbeitskraft
Für Stein gilt der Tauschakt nicht beim Lohnarbeitsverhältnis, weil da angeblich Dinge verschiedenen Wertinhalts getauscht werden, und so „ökonomisch gesehen kein Austausch stattfindet“ (56). Zwar verwehrt er sich (mit Marx) gegen den Gedanken einer Verletzung des „Prinzip(s) der Äquivalenz“ (112), wiederholt aber gerade dieses Argument am Recht als „juristische Leerform“(57), diesem hier nur „Schein des Kontrakts zwischen freien Personen“ (67).

Gegenthese:
Bei der Lohnarbeit ist (wie bei den anderen Einkommensquellen) die maßgebliche Transaktion tatsächlich nicht ein Tausch - das gilt aber für den Inhalt wie die Form dieser Transaktion. Hier findet ein Verleih statt: Ein Verkauf auf Zeit ist (wie jeder schon weiß) sowieso nichts anderes ist als ein Verleih. Ein derartiger Verkauf oder eben Verleih einer Kraft, also einer Möglichkeit, kann materiell nur in dem Verleih des Gegenstandes bestehen, der der Kraft zugrunde liegt. Der Lohnarbeiter verleiht sich mit Haut und Haaren, mit Körper und Geist. Gerade deshalb muß er ein abstraktes Willensverhältnis zu sich einnehmen, welches das Verfügungsverhältnis Eigentum beinhaltet; wie auch ein abstraktes Subjekt aus sich heraussetzen, die Person.


Rechtsperson
„Sie (die Warenbesitzer) können Eigentum an Waren nicht nur haben und es nutzen, sondern auch solches erwerben und veräußern. Dies macht sie zu Rechtssubjekten. ...Der Warentausch als allgemeiner gesellschaftlicher Prozeß bringt das Privateigentum der Warenbesitzer und damit ihre Stellung als formal gleiche und freie Rechtssubjekte hervor“ (38f).
Stein will da mit Marx (KI,S.99) nicht nur behaupten, dass die Anerkennung im Warentausch das Eigentum notwendig macht, sondern zugleich diese Anerkennung selbst handelbar ist und so die Rechtsperson hervorbringt.

Gegenthese:
Weil der Lohnarbeiter sich mit Körper und Geist verleiht, muß gerade er ein abstraktes Subjekt aus sich heraussetzen, das nichts materielles an sich hat, nur reiner Willensakt des Verfügens auch unter Abstraktion vom Objekt ist und sein will: die Person. So ist diese Person Inbegriff der Rechtsperson und tätiger Prototyp aller Rechtssubjekte der bürgerlichen Gesellschaft; der selbstbewußte Willens-Kristall der jedermann bekannten rechtlichen Anerkennung und juristischen Verfahren. Dieses Rechtssubjekt ist nicht etwa nur eine äußere „Stellung“ des Anerkanntseins „als“; und so auch nicht nur „formal“ zu nennen, sondern gerade von seinem Inhalt her sowohl frei von materieller Subjektivität als auch gleich all den anderen Subjekten seiner Art.


Recht als „Weltanschauung“
Das Recht ist so für Stein eine Sphäre nur „formaler Gleichheit und Freiheit“ (89) und „täuschender Erscheinungsformen“ (64), insofern nur ein „Trugbild“ (87), ein „Fetisch“(87), dem die Leute wegen der Warezirkulation anheimfallen. Das Recht selbst ist mithin nur beschönigende Form anderen, des ausbeuterischen ökonomischen Inhalts.
„Sozialen Menschenrechten“ auf der Grundlage von dem „gemeinsamen Eigentum frei assoziierter Individuen an den Produktionsmitteln und der Erde“ kann Stein wegen des für sich doch idealen Inhalts des Rechts dann dennoch etwas abgewinnen.

Gegenthese:
Eigentum und Person sind zwar notwendige Folgen der Verwertung von Wert. Aber sie sind es gerade als eine Welt für sich, als ein Inhalt, der tatsächlich für sich steht und existiert, und nicht nur ideelle Formierung des ökonomischen Inhalts ist.
Diese Subjektivierung des sachlichen Gesellschaftlichkeit als und im Recht resultiert dann in der willentlichen Durchführung der Verwertung von Wert. Und hat jenseits dieser bürgerlichen Gesellschaft weder Sinn noch Notwendigkeit.



Kilian Stein 9.4.2011

Wir werden uns darüber einig sein, dass die Eigentumsthematik von immenser politischer Bedeutung ist. Damit hat aber auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Eigentumsbegriff eine politische Relevanz, vielleicht, besser gesagt, sie hat sie mit der offenen Krisenhaftigkeit des bürgerlichen Systems wieder erlangt. Lange Zeit war diese Fragestellung wie weggewischt. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln hatte in der in Wissenschaft und Politik dominierenden Vorstelllungen eine mehr oder weniger untergeordnete Rolle, entscheidend sei die Verfügungsgewalt über diese Mittel und die liege bei den sachkundigen Managern. Die neoliberale Politik , die Chaotik der sozialökonomischen Entwicklung hat diese schönfärberische Vorstellungswelt aufgelöst und einer bis in linke politische Zusammenhänge hineinführenden Schicksalhaftigkeit des bürgerlichen Systems Platz gemacht. Der kürzlich im „Sozialismus“ veröffentlichte Aufsatz „Vom Elend es Traditionssozialismus“ von Michael Wendl, sie kennen ihn vieleicht, ist für mich ein Beispiel für eine Argumentation aus dem linken Lager, die mit zweifelhaften Gründen Resignation und Kapitulation vor den Verhältnissen zum politischen Programm erhebt. Freilich, Anlässe zu Pessimismus gibt es genug. Ich denke also, dass wir mit unseren Bemühungen nicht in einem Elfenbeinturm sitzen. Ich kann freilich nur hoffen, dass sie in Zirkeln, die sich mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie beschäftigen, wahrgenommen werden und sich mit ihnen auseinandergesetzt wird. Sonst sitzen wir eben doch darin.
Lassen Sie mich, bitte, auf einige Ihrer Einwände eingehen. Zu einem Teil halte ich sie für Missverständnisse, zu einem anderen geht es aber um erhebliche sachliche Differenzen.
Zu Ersteren wohl gehört Ihre Lesart meines Textes, dass Recht eine falsche Weltanschauung sei und ich dies beklage(S. 1, 3). Ich bin aber sehr, sehr weit davon entfernt, und hoffe doch, dies in meinem buch auch zum Ausdruck gebracht zu haben, dass Recht als die entscheidende Verkehrsform der bürgerlichen Gesellschaft nur ein geistiges Phänomen sei, und zwar ein missratenes. Es ging mir darum, im Anschluss an Marx zu entwickeln, dass die gängigen Alltagsvorstellungen und daran anknüpfend die gängigen wissenschaftlichen Vorstellungen von den grundlegenden rechtlichen Kategorien nicht einfach in toto falsch sind, das wäre ja auch eine absurde Behauptung, aber verdreht, in Wesentlichem falsch sind, und dass diese schiefe Vorstellungswelt die unabdingbare aber zum Glück keineswegs gesicherte Grundlage für die Fortexistenz des bürgerlichen Rechts und des bürgerlichen Staates ist. Im „Kapital“ geht es, einsetzend mit dem Fetischkapitel immer auch darum. Dieses Element lässt sich nicht abziehen, ohne die gesamte Theorie zu Müll zu machen. Mein Hauptinteresse war nun, aufzuzeichnen, wie diese verdrehten Vorstellungen von der bürgerlichen Ökonomie aus den Verhältnissen selbst entspringen und damit auch die Vorstellungen von der Funktion und der Legitimation des bürgerlichen Staates prägen. Ihre Einschätzung gerade dieser Seite meines Buches würde mich intereressieren.
„Eigentum“ und der „Grund des Eigentums“ und „Gegenthesen“
Ich teile ihre Auffassung, dass in der „Qualität des Verfügens“ von Besitz und Eigentum ein Unterschied besteht. Das kann man auch nicht leugnen, da beispielsweise das BGB und die Rechtspraxis diesen Unterschied macht und auch machen muss. So in der unterschiedlichen Rechtsstellung von Eigentümer und Mieter einer Sache. Man kann nun sagen, indem diese Personen einen Mietvertrag schließen, erkennt der Mieter als den Obereigentümer aller mit der Sache zusammenhängenden Rechte an, während der Eigentümer dem Mieter für die Laufzeit des Vertrages sein Recht zur Nutzung der Sache überlässt. Es ist also ein wechselseitiges Anerkennungsverhältnis als Eigentümer bzw. als Mieter damit verbunden. Miete ist nur ein Spezialfall des Kaufes, und wird im BGB auch rechtssystematisch so behandelt, indem die Sache nicht vollständig sondern nur teilweise und auf Zeit auf den Mieter übergeht. Rechtstheoretisch entscheidend ist der gegenseitige Anerkennungsprozess des oder der jeweils anderen als Rechtsperson, von dessen Willen es im Unterschied von auf Gewaltverhältnissen beruhenden Gesellschaftsordnungen abhängig ist, ob man den gewünschten Gebrauchswert erhält, ein Prozess der sich als massenhafter und alltäglicher vollzieht und so permanent den Besitz, das Haben, in Eigentum als anerkannten Besitz umschlagen lässt. In diesem Prozesshaften der wechselseitigen Anerkennung als Eigentümer schlägt sich nieder, dass das Kapital insgesamt nur als ein Prozess verstanden werden kann, nämlich dem der Verwertung von Wert dienenden Kreislauf des Kapitals. Dieser Anerkennungsprozess findet außerstaatlich statt, wenn er auch ohne den Staat nicht funktionieren könnte und deshalb eines Staates bedarf. Diesen für das Verständnis der Geschichtlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft grundlegenden Umstand hat wohl als erster schon Hegel aufgedeckt und war damit weiter war als das Gros der heutigen auch kapitalkritischen Rechtstheoretiker.
„Die Ware Arbeitskraft“ und „Gegenthese“
Wie auch in Ihrem Buch „Eigentum und Person“ schreiben Sie, dass der Lohnarbeiter sich „mit Haut und Haaren, mit Körper und Geist“ an den Kapitalisten verleiht, keineswegs seine Arbeitskraft an diesen verkaufe. Das halte ich nicht für richtig. Mit dem Begriff Verkauf der Arbeitskraft ist gemeint, dass der Lohnarbeiter eine in seiner Person bestehende Fähigkeit dem Kapitalisten gegen Bezahlung auf Zeit und im Rahmen eines vertraglichen Schuldverhältnisses überlässt. Und so ist es auch. Anders als im Falle von Sklaven kann der Kapitalist nur in dieser Zeit über die Arbeitskraft des Lohnarbeiters verfügen und auch nur im Rahmen der Bedingungen des Vertrages. Es gibt viele andere Beschränkungen, umbringen darf er den Lohnarbeiter auch nicht, und er muss ihm Geld zur Verfügung stellen, über dass dieser außerhalb der Arbeitszeit frei verfügen kann. Ich glaube eher, dass ein Lohnarbeiter sich in Ihrem Verständnis seiner sozialen Stellung nicht wiedererkennen wird, und ich meine auch zu Recht. Den freien Lohnarbeiter als Lohnsklaven zu bezeichnen, wie das Marx und Engels in polemischer Absicht gelegentlich getan haben, halte ich für ziemlich problematisch.
Inwieweit der Begriff Verkauf und Kauf der Arbeitskraft mit der Rechtsdogmatik vereinbar ist, scheint mir unter Gesichtspunkten polit-ökonomischer Theorie nicht für von Belang. Oder nur insoweit von Belang, als es um der Verständlichkeit willen gilt, sich in den polit-ökonomischen Begriffen soweit wie möglich an die Alltagssprache anzuschmiegen. Das scheint mir bei dieser Begrifflichkeit der Fall zu sein. Auf gar keinen Fall aber passt Leihe oder, wie Karl Heinz Roth dies vertritt, Miete in diese Systematik. Miete gibt es nach dem BGB etc. nur von Sachen, nicht von Diensten. Leihe bezeichnet, auch im Alltagsgebrauch, eine unentgeltliche Überlassung und ist deshalb schon aus diesem Grund ungeeignet, jenes Rechtsverhältnis zu erfassen. Das, wie ich finde, fatale dieser Begriffsbildungen besteht darin, dass sie die Alltagsvorstellungen ignorieren und so ganz überflüssigerweise den theoretisch interessierten Menschen Nüsse zu knacken geben.
Lassen Sie mich noch auf einen Punkt eingehen. Sie sprechen (S.91 Ihres Buches) von einer Unsicherheit Marx´, weil er einmal von Kapital als scheinbare Quelle von Profit und Zins spricht, dann aber auch sagt, dass Kapital als Quelle nur von Zins eine bessere Formulierung als diese sei. Das gehört zu den Stellen, wo man wünschte, dass M. dies näher erörtert hätte. Aber ich denke, zu verstehen ist das schon. M. geht es in den betreffenden Passagen darum, falsche Bewusstseinsformen zu charakterisieren. In der Ideologie von den drei Produktionsfaktoren stellt es sich aber so dar, dass ein Teil des Profits als verwandelter Form von Mehrwert der Lohn für die Arbeitsleistung des Kapitalisten bzw. seiner Manager sei, also nicht aus dem in Form von Produktionsmitteln vorgeschossenen Kapital entspringt. Nur der Zins resultiert in dieser Vorstellungswelt aus diesem. Also ist Kapital – Zins der der trinitarischen Formel adäquatere Ausdruck.
Lieber Herr Haslbauer, es geschieht bei einer Antwort auf Kritik leicht, dass nur die Differenzpunkte zur Sprache kommen, ohne dass dies ein Ausdruck von sich versperrender Abwehr sein muss. Das wäre mir auch ganz fremd. Deshalb füge ich hinzu, dass wir in der Beurteilung der bürgerlichen Gesellschaft sicher in vielen Punkten übereinstimmen. Bei der gegebenen Verfassung selbst kapitalkritischer Theorie wäre es allein schon nicht wenig, darüber übereinzustimmen, dass ein Jenseits der bürgerlichen Gesellschaft möglich ist. Wie das zu bewerkstelligen sein könnte und wie man dafür den politischen Boden findet, darauf kommt es an.


HH, 6.5.2011

Bestimmte Differenzen sind mir angesichts ihres Buches schon deutlich geworden, die habe ich versucht, in meinen Gegenpositionen herauszustreichen und argumentativ anzugehen; nicht ganz abschließend, wie vielleicht aus dem Thesencharakter zu ersehen ist. Ich habe auch in Ihrer Gegenrede eine Bekräftigung dieser Differenzen gefunden - allerdings ohne relevante argumentative Bezüge auf meine Inhalte.

Gemeinsamkeiten mag es schon auch geben. Die bestehen sicher darin, auf Marx zu rekurrieren, auf seine Erklärung der Verwertung von Wert. Dann auch: Recht und Eigentum nicht aus sich heraus zu erklären, sondern in anderem, gar in Elementen der bürgerlichen Ökonomie den Grund dafür zu suchen. Aber  w o r i n  diese Elemente bestehen, und auch,  w a s  als  G r u n d  dann dafür anzusehen ist, da fangen schon die Unterschiede an.

Ein „Jenseits der bürgerlichen Gesellschaft“ für „möglich“ zu halten, ist sicher keine gute Gemeinsamkeit, wenn man keine Einigkeit darüber hat, worin das Bürgerliche und Negative an dieser Gesellschaft besteht.
Vorab: Wenn man etwa das Eigentum für eine notwendige Gestalt speziell der bürgerlichen Gesellschaft hält, kann man nicht eine alternative Form davon für ein Jenseits der bürgerlichen Gesellschaft reklamieren. Wenn man allerdings Eigentum und das daraus resultierende Recht für eine für sich doch noble, weil immerhin bewußt gesellschaftliche Tat, eben Anerkennung, ansieht, die sich nur anderen Inhalten zu verpflichten hätte, mag man sich ein Jenseits der bürgerlichen Gesellschaft auch m i t Eigentum und viel gutem, aber doch Recht ausmalen.
Also: Auch wenn wir hier eine gewisse akademische Fragestellung bearbeiten, mögen sich daraus doch praktisch-politische Konsequenzen ergeben...

1. Die Qualität des Eigentums

Der Kern unserer Differenzen ist sicher schon in der Bestimmung des Eigentums zu finden. Also nicht  d a s s  es das gibt, und  d a s s  es  ein zentrales Element des Rechts darstellt, sondern dem vorausgesetzt und elementarer:  W a s  es ist, und  w i e  es deshalb  w e l c h e  Stellung im Recht innehat.

Wie ist das Eigentum inhaltlich zu bestimmen? Üblich ist ja, es gar nicht weiter inhaltlich zu füllen, es bei der Bezeichnung zu belassen, und zu unterstellen, dass wir wohl schon alle dasselbe damit meinen. Es zeigt sich da, dass dem auch in unseren Fall schon nicht so ist. Mir ist unter dem Namen Eigentum ein ganz anderer Inhalt geläufig als Ihnen. Nun sollte man zwar nicht an Bezeichnungen hängen, aber ich meine doch Argumente zu haben, dass mein Inhalt von Eigentum zweckmäßiger Weise auch diesen Namen Eigentum verdient.

a. Eigentum als abstraktes Verfügen:

D e r   allgegenwärtige Sachverhalt der bürgerlichen Gesellschaft, den i c h unter dem Namen Eigentum - nämlich als Rechtsinhalt und gerade in der Sphäre des Rechts - vorfand und zur Kenntnis nahm, war ein ganz bestimmtes privates Subjekt-Objekt-Verhältnis gewesen:
Das Eigentum ist diejenige so abstrakte Art des Verfügens über Gegenstände, bei der sowohl die Eigenschaften des Subjekts wie auch des Objekts in den Hintergrund treten oder einfach irrelevant werden. Das ist eben der Willensinhalt, wie er von jedem Eigentümer vollzogen im Rechtsverhältnis vorliegt, als reiner Willensbezug der Person auf die Sache, sich die Sache so exklusiv zuordnend. In ihrer Besonderheit ist d i e s e ideell zugreifende Verfügung gerade zu unterscheiden sowohl von vorrechtlichem (nicht näher bestimmtes Verfügen) wie rechtlichem Besitz (durch dem Eigentümer ermächtigtes materielles Verfügen).

b. Eigentum als Anerkennung

Diese unmittelbare und erste Bestimmung des Eigentums gefällt schon Paschukanis nicht, er polemisiert dagegen anhand von Karl Renner (=Karner), dem er vorwirft, dieses Rechtsverhältnis nur „juristisch“ zu sehen:
„´Die unbegrenzte Verfügungsgewalt über das Ding´ ist nur der Reflex der unbegrenzten Warenzirkulation.“ (Paschukanis S. 104), setzt er überraschenderweise dagegen.
Nun ist es aber gerade die Aufgabe, die sich Paschukanis gestellt hat, dieses Phänomen der Allmacht gegenüber dem Gegenstand begründend zu erklären. Und da mutet es schon merkwürdig an, dass dieses Phänomen in seiner Qualität bestritten und als „nur“ Reflex inhaltlich doch der Warenzirkulation zugeschlagen wird.
Ein ausfindig gemachter Grund müsste ja – wenn er denn Grund sein soll - das Begründete als vom Grund getrenntes Phänomen gerade einer Erklärung zuführen.

Sie stellen entsprechend (und für mich ebenfalls überraschend) das Eigentum nicht(!) als private Verfügungsmacht fest, sondern(!) lapidar und unvermittelt als einen bewußten gesellschaftlichen Akt, nämlich den des Anerkennens oder besser des Anerkanntseins von einer nicht weiter bestimmten Art von Verfügen durch die Nicht-Eigentümer („... das Haben, in Eigentum als anerkannter Besitz...“). Dass Ihnen die Existenz dieses besonderen Willensverhältnisses zwischen Subjekt und Sache nicht geläufig sein soll, will ich Ihnen nicht so recht abnehmen. Sollten Sie allerdings meinen, dass dieser private Verfügungsakt gerade und  w e s e n t l i c h  Anerkanntheit   i s t  , fehlt da immer noch die vermittelnde Erklärung, warum das eine das so ganz andere sein kann und sein muß.

Also findet für Sie im gesellschaftlichen Anerkennungsprozess auch kein Anerkennen  v o n  Eigentum statt, sondern ein Anerkennen  a l s  Eigentum von etwas, das Eigentum für sich (noch) nicht ist und sein kann. Eine Differenz zwischen Eigentum und Besitz liegt entsprechend für sie nicht schon in der Art des Willensbezugs auf den Gegenstand selbst, sondern erst in der anerkennenden Prozessierung des verhandelten Gegenstands: Wer Eigentümer ist und wer nur Besitzer, entscheidet sich im Anerkennungsprozess.
Mit dieser Konnotation von Eigentum können Sie sich sicher auf Paschukanis berufen, aber gewinnen gerade keine Erkenntnis weder über das subjektive Verfügungsverhältnis, das im bürgerlichen Recht sich darstellt, und schon gar nicht über das Subjekt der Person als Kernelement des bürgerlichen Rechts…

c. Anerkennung führt nicht zu Rechtsverhältnis.

D i e s e s  b e s o n d e r e  Willensverhältnis zu dem Gegenstand, wie auch die damit erwirkte abstrakte Subjektivität, die das rechtliche Eigentum gerade ausmacht, ist mit Ihrer (und Paschukanis´) Bestimmung des Eigentums als Anerkanntheit von Besitz nicht nur nicht behandelt und ignoriert, weil vielleicht als nachrangig beurteilt, sondern sogar verschwunden.
Das simple Verfügen, also das schon gegebene oder vorausgesetzte, etwa praktisch zugreifenden Willensverhältnis des Besitzers in Bezug auf den Gegenstand, wird nämlich durch die Anerkennung kein anderes, ihm und seinem Gehalt wird auch nichts hinzugefügt. Entsprechend erfährt auch das verfügende Subjekt durch diese Anerkennung gerade keine Veränderung, schon gar nicht wird es zu d e r abstrakten Figur, wie man das Rechtssubjekt im Rechtsverkehr doch kennt. Und auch der Gegenstand bleibt der so konkrete, und ist keinesfalls die reine Sache, wie sie im Rechtsverhältnis als Objekt sich kristallisiert.

• Es ist sogar so, dass das Subjektsein des Eigentümers überhaupt negiert wird, weil seine Eigentümerqualität ganz in der Anerkennung durch die ausdrücklichen Nicht-Eigentümer bestehen soll.

Weitere Konsequenzen Ihrer Bestimmung des Eigentums:
• Wenn, wie in Ihrer Vorstellung, das Eigentumsverhältnis gar kein Willensinhalt des verfügenden Subjekts ist, ihm dieser Inhalt für sich sogar fremd ist, ist dem Subjekt dann mit der Anerkennung als Eigentümer nicht – entgegen der Erfahrung, dass doch alle Eigentümer ihres Besitzes sein wollen – ausgerechnet durch die Nichteigentümer gerade Gewalt angetan ?
• Und umgekehrt: Ist ein so anerkannter Besitzer, und darin Eigentümer, der seine Sache veräußern will, nicht gerade, da s e i n Wille für das Eigentumsverhältnis nicht maßgeblich ist, vom Anerkennenden auf seinen Eigentümerstatus festgelegt und kann ihn selbst gar nicht ändern, sprich nicht verkaufen... Oder betrifft ihn etwa dieser gesellschaftliche Wille des Anerkennens gar nicht in seinem Willensverhältnis zum Ding – das ja von Ihnen nur als Besitzverhältnis bestimmt ist? Aber war nicht der Verkaufswille das treibende Moment für ein Anerkanntseinwollen als Eigentümer ...?
• Wie soll man sich dann etwa einen Verkauf vorstellen? Der Besitzer ist Eigentümer durch den Willen des Nichtbesitzers, der Käufer bestimmt das Besitzverhältnis zum Eigentumsverhältnis indem er den Besitzer als Besitzer anerkennt. Das Eigentumsverhältnis wird so dann auch nicht aufgelöst durch den Willen des Besitzers, der gibt nur seinen Besitz auf. Der Käufer löst das Eigentumsverhältnis des Verkäufers, indem er ihm qua Besitznahme das Eigentumsverhältnis wieder abspricht. Der Käufer als neuer Besitzer ist dann damit aber nicht Eigentümer, er ist ja schon Besitzer, der frühere Besitzer hat sein Besitzverhältnis aufgegeben. Wozu braucht der neue Besitzer noch die Anerkennung a l s Eigentümer, also das Eigentum? Das Eigentum qua Anerkennung wird mit der Besitznahme durch den Käufer also gerade wieder obsolet und aufgehoben.

• Wenn nun Anerkennung der Kern des Eigentums ist, dann ist Eigentum auch nicht mehr unbedingt eine rein bürgerliche Angelegenheit: Anerkennung von feudalem Verfügen mag etwa im Mittelalter schon auch stattgefunden haben. Was soll dann aber am Eigentum noch spezisch bürgerlich oder kapitalistisch sein?
Und: Dann (!) mag man auch Eigentum als zukünftiges Anerkennung von alternativem Verfügen vielleicht durchaus schätzen...


2. Grund und Notwendigkeit von Eigentum

Gerade diesen Sachverhalt des rechtlichen Willens, diese (nach meiner Bestimmung und sicher auch nach Ihrer juristischen Erfahrung) reine Beziehung des nackten Rechtssubjekts zur nüchternen Sache galt es für mich zu erklären, vielleicht einen Grund dafür zu finden. Dass dieses besondere Verhältnis für sich sicher nicht Bestand hat, und irgendwie zur bürgerlichen Gesellschaft gehört, auch der Anerkennung bedarf durch Gesellschaft und Staat, das war schon klar, dieses Urteil teilen sogar die bürgerlichen Menschen.  W o r i n  die Notwendigkeit  z u  i h m  aber besteht, ist eben an dem Verhältnis selbst so unmittelbar gar nicht kenntlich, so abstrakt und isoliert von allen anderen Willensbezügen, eben als eigene Sphäre, stellt sich dieser Willensakt dar, - wie auch alle anderen Bezüge von Rechtssubjekten.

Dass die Ware in der bürgerlichen Gesellschaft   f a k t i s c h   immer im Eigentumsverhältnis steht, heißt aber nicht auch, dass seine Notwendigkeit aus der Ware und ihrer Zirkulation erwächst…

Wenn Sie die Anerkanntheit von (bürgerlichem) Besitz somit als das Eigentum selbst („Konstitution des Eigentums“) bestimmen, kann der Grund dafür sicher nicht mehr im Akt des Anerkennens selbst liegen, das wäre tautologisch. Allerdings meinen Sie dann doch (mit Paschukanis) in der Warenwelt die treibenden Momente dieser Notwendigkeit zu entdecken. Die Ware soll es also an sich haben, dass Eigentum (in Ihrer Bestimmung: in Form von Anerkennung) als solches statt hat.
Zwar muß zur Abwicklung des Tauschs oder von Kauf/Verkauf der Gegenstand aus der Hand gegeben, also aus dem Besitz entlassen werden, bzw. der Besitz übergehen vom Verkäufer auf den Käufer. Weiter muß auch die Anerkennung des ursprünglichen Besitzers als Besitzer sein, damit überhaupt ein Handel stattfinden kann. Diese Sorte Anerkennung hat aber den Charakter einer Akzeptanz materieller Tatsächlichkeit, der konkreten Verfügung von Menschen aus Fleisch und Blut über den materiellen Gegenstand. Mit rechtlicher Verfügung von Person über eine Sache hat das (noch) nichts zu tun, kann also nicht zur Begründung   d i e s e s  Verhältnisses taugen.
Mit der erfolgten Übergabe = Besitzwechsel ist diese Anerkennung außerdem wieder obsolet, diese schafft also gerade auch keine Kontinuität im Verfügungsverhältnis wie der Anerkennung noch die dauerhafte Existenz eines rechtlichen Subjekts.

Dass die Ware für sich nicht die Notwendigkeit zu der abstrakten Verfügung enthält, die ich als Eigentumsverhältnis bestimmt habe, ist vielleicht doch aus meinem Buch zu entnehmen...


3. Ware Arbeitskraft oder Verleihobjekt Mensch

Zunächst war meine Reflexion am Marxschen „Verkauf der Ware Arbeitskraft“ eine Klärung dessen, was da materiell an Transaktion zugrunde liegt, wenn der Lohnarbeiter sich mit dem Unternehmer auf eine Abmachung einläßt, während der er arbeitet. Also zunächst,   w a s  ist der Gegenstand der Abmachung und  w i e  wird  d a r ü b e r  von welchen Subjekten verfügt und verhandelt.

• Einen Verkauf auf Zeit – als was Marx diese Transaktion festhält - kennt  j e d e r  sonst als Verleih. Warum nennt Marx das hier nicht so? Wie etwa bei den anderen Revenuequellen, wo er einen Verleih von Geld zwar auch als Verkauf der Verwertungskraft bzw. von Natur als Verkauf von Naturkraft kennt, aber sie so nicht bezeichnet sehen will?

Es findet eben, wenn Marx von Verkauf der Ware Arbeitskraft spricht, reell und materiell ein Verleih des dieser Arbeitskraft zugrundeliegenden Menschen statt – mit Haut und Haaren, Körper und Geist.

• Hier wird der Mensch selbst zur (verliehenen) Sache, nicht (!) eine Dienstleistung (BGB!).

• Sein Verleih von sich ist gerade  n i c h t   eine endgültige Weggabe eines Gegenstandes, er wird dadurch ausdrücklich nicht zum Sklaven.
(Dieses Mißverständnis habe ich schon verschiedentlich erleben müssen, wenn die Leute „Haut und Haare“ hören oder lesen, meinen  s i e  damit die Sklaverei, und meinen das Lohnarbeitsverhältnis  d a v o n  abgrenzen zu müssen.)

• Die Rechtssytematik, für die „Miete ...nur ein Spezialfall des Kaufes“ darstellt, kann da nicht die Maß gebende Erklärung darstellen – eine Begründung w i l l sie mit dieser Systematik ja gar nicht gegeben haben. Verleih und Eigentum als logische  F o l g e  der  V e r w e r t u n g  des  W e r t s  kann es sogar mit sich bringen, dass der Verkauf /Kauf erst als weitere Konsequenz dieses Verleihs sich erweist.
(Nämlich wenn der Unternehmer, der die Elemente der Produktion zusammenführt, um den Arbeiter materiell und deshalb auch wertproduktiv daran tätig werden zu lassen, zu dem Produktionsprozess wie den Produkten ebenfalls ein Eigentumsverhältnis einnimmt und d e s h a l b die Realisierung von Wert und Mehrwert mit einer Aufgabe nicht nur des Besitzes, sondern des Eigentumsverhältnisses einhergehen m u s s , ergo in der Wareneigenschaft der Produkte und Verkauf mündet.

Damit wäre immerhin dann auch die Ware als Folge des Heißhungers nach Mehrarbeits erwiesen...Und wir müssten nicht gegeneinander immer beteuern, dass mit der Ware und ihrer Zirkulation schon der Kapitalismus und keine vorbürgerliche Warenproduktion gemeint sind. Marx selbst hat übrigens für die Natur und ihre Handelbarkeit als Ware diese Feststellung schon getroffen: Sie hat nur einen Preis, und kann für sich nur Ware sein, weil sie Rente abwirft, und diese Rente kapitalisierbar ist. Der Mensch ist wohl die einzige Revenuequelle, die nicht (vollständig) verkaufbar ist, obwohl eine begrenzte Kapitalisierung auch hier möglich ist und stattfindet…)

• Was soll nun überhaupt die Rede von der Arbeits k r a f t  : Zwar wird hier schon der Zweck angegeben, wofür der Mensch im Kapitalismus überhaupt da ist, zur Arbeit. Aber mit der Kraft ist hier nur die Möglichkeit, eben die zu arbeiten, dingfest gemacht, es ist und bleibt aber ein ideelles Moment. In was liegt diese Arbeitskraft aber denn materiell vor, doch im lebendigen Menschen, e r ist die Substanz dieser Kraft, er äußert sie oder auch nicht, indem er die Welt verändert, die Möglichkeit dazu enthält nur der materielle Mensch, sie von ihm trennen zu wollen ist ein Unding. Das letztere wird zwar nicht unsere Differenz sein, aber damit ist der Sachverhalt des Verleihs auch nicht zu bestreiten, sondern zu unterstreichen.

• Die Möglichkeit zur Arbeit will der Unternehmer nicht haben, er will die materielle Arbeit, und die sichert er sich mit dem materiellen Faustpfand (= ermächtigten Besitz), den er kriegen kann... Damit ist der Geist und der Wille zur Arbeit eben mit überantwortet...

• Dass diese Redeweise vom Verkauf der Arbeitskraft inzwischen Allgemeingut ist, muss nicht heissen, dass sie die korrekten Transaktionsverhältnisse angibt. Verkauf der Arbeit („Arbeitsmarkt“) ist ja auch eine falsche Bezeichnung der Transaktion...

Der Lohnarbeiter behält mit diesem Verleih gerade seine Verfügung über sich, indem (also nur weil) er eine ganz besondere, eben eine abstrakte Verfügung kreiert und (allein) in seinem Willen inhaltlich bekräftigt. Er tritt als Verfügender neben sich als Mensch und wird  d e s h a l b  zu so einer abstrakten Gestalt, wie wir das Subjekt des Rechts als Person eben kennen.

• Dieser Verleih ist nicht selbstlos, Opferdasein, Existenz nur als Objekt, nur für einen fremden Zweck; es findet ein Verleih nur gegen Gegenleistung und zwar gegen Geld statt, also aus selbstsüchtigen Gründen. Die sonstige Leihe im Sinne von unentgeltlicher Überlassung ist im Kapitalismus nicht von Bedeutung und nicht umsonst auch den Finanzämter verdächtig für versteckte Leistungen, und wird von Staats wegen nur in dezidierten Ausnahme- und Schutzbereichen als solcher akzeptiert (z.B. Familie).


4. Systematik bei Marx

Ich konnte mir den Rückgriff Marx´ auf die Kraft bei der Lohnarbeit nur damit erklären, dass sich die Arbeit als Gegenstand einer Tauschtransaktion gerade verbot, denn die Arbeit wäre die Leistung selbst (gewesen), und die kann ja gerade nicht bezahlt werden, wenn Mehrwert entsteht. Und Marx wollte eben in dem (damals noch singulären) Werk KI die Gesamtheit der Ausbeutung vorführen, aber unter Respektierung des Tauschprinzips Wert gegen Wert. Davon versprach er sich sogar ein argumentatives Überraschungsmoment, dass die hehren Tauschpinzipien zu nichts als Ausbeutung führen.

Das hatte von vornherein den Nachteil, dass in der Darlegung diese Tauschprinzipien der Ausbeutung logisch vorausgesetzt wurden und nicht als notwendige Durchführung der Ausbeutung dargestellt werden konnten. Das hat nicht nur zu historisierenden Mißverständnissen geführt („einfache Warenproduktion“), sondern auch zu einer entlastenden Verharmlosung des Warentauschs. Die Leistung, die Ware und den Tausch als  F o l g e  der Verwertung von Wert zu erweisen, ist aber dann auch nicht mehr mit dem Argument zu erbringen, dass erst im Kapitalismus Waren „voll entfaltet“ produziert (Stein25) und „massenhaft“ und „alltäglich“(Ihre Antwort) gehandelt werden. So ein Umschlag von Quantität in Qualität ist eher ein dialektischer Schwindel. Vielleicht war die Konzeption einer Herleitung des Heißhungers nach Mehrarbeit aus dem Warenwert von Anfang an ein Fehler...

Dass  ich damit an traditionelle Rezeptionen von Marx´ Kapital rühre, war und ist mir schon klar; ich habe ja selbst früher diese Konstruktionen für korrekt gehalten. Gerade das hat mich aber dazu bewogen, diese andere Darstellung zur Diskussion zu stellen!


5. Notwendige bürgerliche Kategorie des Rechts oder Recht als„falsche Vorstellung“

Meine Herleitung der Kategorie des Eigentums und der Person erweist diese Inhalte der bürgerlichen Gesellschaft als Folge der Verwertung von Wert. Allerdings gerade damit durchaus als notwendige Elemente für die Durchführung dieser Verwertung. Ohne diese Sorte Willen und diese damit einhergehende selbstbezügliche Subjektivität, gerade auch beim Lohnarbeiter, ist Verwertung nicht durchzuführen.
Sie gehören zum Begriff des Kapitalismus, und damit reell zur bürgerlichen Gesellschaft. Allemal bedeutet das, dass das Recht und die Rechtlichkeit nicht nur Schein, schon gar kein schöner sind.
Das wendet sich aber auch gegen die Vorstellung eines „Automatismus“ des Kapitals („automatisches Subjekt“…), der über den Willen der Menschen herrscht („Fetisch“…), und dem nicht zu entrinnen ist.  M i t  (der Übernahme) dieser Kritik dieser Willens i n h a l t e  (durch relevante Bevölkerungsteile) können diese (mit allem, was dazugehört) auch gelassen und verweigert werden, also ein anderer gesellschaftlicher Wille gefaßt werden…

Anders bei Ihrer Vorstellung von Eigentum und Recht.
Eigentum ist bei Ihnen nicht eine notwendige Subjektivierung des Kapitals, sondern ein quasi-neutrales gesellschaftliches Verfahren: Es gehört einerseits zur für sich harmlosen Zirkulation der Ware, derer sich andererseits das Kapital nur massenhaft bedient. Anerkennung findet zwar auch der Lohnarbeiter in Bezug auf das, was er (ihrer Meinung nach) in die Zirkulation einbringt. Aber in seinem Fall besteht die Anerkennung und rechtliche Abwicklung der Zirkulation gerade in einer Übervorteilung, einem Trick zur Ausbeutung, keinem wirklichen Tausch, sondern einer Täuschung. (Dagegen hat sich Marx zwar immer verwehrt in seinem Konzept der Ware Arbeitskraft, aber:). So wird bei Ihnen, aber nur wegen des Mißbrauchs des Tauschs durch das Kapital, das Recht zu einer Sphäre „täuschender Erscheinungsformen“, zum „Trugbild“, dasselbe systematisch ausgestaltet zur „juristischen Weltanschauung“.
Für sich könnte man deshalb nach Ihrem Dafürhalten einem Eigentum als Anerkennung, zumindest anderer Verfügungsinhalte und deshalb „sozialen Menschenrechten“ durchaus etwas abgewinnen.